Mobilitätstag am Bahnhof

Mann mit Blindenhund beim Einsteigen in Bus

Anlässlich des 30. Jahrestages der Fertigstellung des Coswiger Bahnhofsvorplatzes und der Europäischen Woche der Mobilität hatte der FB Ordnungswesen der Stadtverwaltung zu einem „kleinen Mobilitätstag“ eingeladen: eine Reihe schwerbehinderter Bürger, die regionalen Verkehrsanbieter, der Verein für Verkehrswende in kleinen Städten e.V. mit einem TeilAuto sowie die Gebietsverkehrswacht Meißen e.V. mit der Jugendverkehrsschule waren gekommen.

Die Gäste lauschten einer kurzen historischen Zusammenfassung von FB-Leiter Olaf Lier, der die Neugestaltung sämtlicher Verkehrsanlagen seit der Wende begleitet und insbesondere die barrierearme Gestaltung aufmerksam im Blick hatte: Vor 30 Jahren, eigentlich mit den ersten Ideen schon 1990, begann der lange Weg zur Umgestaltung des Nahverkehrs in Coswig hin zu einem für alle nutzbaren Verkehrsmittel.

Hohe Treppen und Bordsteine, für Gehbehinderte, Blinde und Sehschwache, aber auch Mütter mit Kinderwagen teilweise unüberwindbare Hindernisse, sollten abgebaut werden. Zudem sollte das damalige Neubaugebiet Dresdner Straße und der Coswiger Bahnhof bis hin nach Meißen mit dem Bus erschlossen werden. Der Bahnhofsvorplatz erhielt bereits 1993 die ersten behindertengerechten Haltestellen für Busse; 1994 war er fertig. Seitdem fahren auf der Linie 401 ausschließlich behindertenfreundliche Niederflurbusse mit Haltestellenansage und ausklappbaren Rampen für Rollstuhlfahrer. In den Folgejahre erfolgte der Ausbau von immer mehr Haltestellen im Stadtgebiet und auch des Haltepunktes Neusörnewitz.

Damit dies alles nicht an den Bedürfnissen der Nutzer vorbei entwickelt wird, ist ein Austausch zwischen den Beteiligten wichtig. Olaf Lier ist sich sicher: „Bauliche Mängel werden nicht vorsätzlich verursacht - meist sind sie eine Folge von Unwissenheit.“

Daher ist es für Planer und Bauausführende wichtig, die Bedürfnisse der Betroffenen zu erfahren. Anderseits ist es auch wichtig zu verstehen, dass man immer wieder Kompromisse eingehen muss, damit überhaupt etwas entsteht.

Daher standen beim Praxistest am Bahnhof die Bedürfnisse von Blinden, schwer sehbehinderten Menschen und von Rollstuhlfahrern im Mittelpunkt, z.B. Ein- und Aussteigen beim Busfahren, Nutzung von Fahrstühlen, Rampen, Taststreifen im Boden oder der Beschriftung direkt am Handlauf: Metallaufkleber mit doppelter Beschriftung (Profilschrift und Braille-Schrift) direkt am Beginn der Handläufe sind für Blinde eine gute Wegweisung.

Die Gäste konnten ihre Fragen direkt stellen – z.B. erklärte ein Vertreter der Deutschen Bahn einer Rollstuhlfahrerin ausführlich neue Funktionen in der Bahn-App sowie des persönlichen Moblitätsservice der Bahn.

Die Bahn wird demnächst, sobald das bestellte Gerät geliefert wird, am Bahnhofsvorplatz eine digitale Fahrgastinformation installieren. Es wird allerdings eine rein optische Information bieten; dies ist für den Blinden- und Sehbehindertenverband ein Wermutstropfen.

Die Kreisorganisation des Blinden- und Sehschwachenverbandes Sachsen dankte den Gesprächspartnern für ihr Engagement und überreichte Olaf Lier für seinen jahrzehntelangen Einsatz für ihre Bedürfnisse eine persönliche Urkunde – Schwarz auf Weiß und in Braille-Schrift auf weißem Grund sowie einer Kaffeetasse für weitere gute Ideen mit dem Zitat von A. de Saint-Exupéry, natürlich auch in Blindenschrift "Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar".

Ulrike Tranberg
Referentin des Oberbürgermeisters

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