Auf den Spuren von Emil Hermann Nacke
Diese Serie soll an den Pionier der sächsischen Automobilproduktion Emil Hermann Nacke erinnern. Er lebte von 1843 bis 1933 und war zu seiner Zeit eine schillernde Berühmtheit und weit über seine Wirkungsstätte hinaus bekannt. Heute ist der Name Emil Nacke jedoch zu Unrecht fast vergessen. Dabei reichen die Spuren seines Wirkens bis in unsere heutige Zeit ...
Teil 2: Spurensuche in Radebeul-Naundorf
1895 kaufte Emil Nacke Haus und Weinberg "Johannisberg“, in manchen Aufzeichnungen auch "Schloss Johannisberg“ genannt, in Naundorf. An der Ecke Johannisbergstraße und Mittlere Bergstraße ist Nackes ehemaliger Wohnsitz zu finden. Es gehört schon Fantasie dazu, dem seit einiger Zeit leer stehenden Gebäude aus dem 17. Jahrhundert heute etwas Schlossähnliches abzugewinnen.
Zu Nackes Anwesen gehörte außerdem ein großer Park, der bis an die Meißner Straße reichte. Mit alten Bäumen, Springbrunnen und einem Teich war es eine sehr gepflegte Anlage. In Kleingärten aufgeteilt, der untere Teil während der DDR-Zeit als Schießstand genutzt, erinnern jetzt nur noch einige große Bäume und die restaurierungsbedürftige Bruchsteinmauer entlang der Johannisbergstraße an einen Park.
Nackes Wohnhaus und Park (vor 1910)
Nackes Leidenschaft gehörte nicht nur dem Automobilbau, sondern er war auch ein erfolgreicher Winzer und Weinbauer. Das bestätigte ihm die Kommission zur Reblauskontrolle im Kötzschenbrodaer General-Anzeiger am 3. September 1903: "... dieser wirklich mit vielen Geldopfern, prächtig angelegte Weinberg verdient die höchste Anerkennung und zeichnen sich die Reben durch äußerst üppigen, kräftigen Wuchs aus. ..." Der Johannisberg gehörte zu den wenigen von der Reblaus verschonten Weinbergen in der Lößnitz.
Eine Besonderheit in Nackes Weinberg kann heute noch entdeckt werden. Es ist eine kleine platzartige Anlage mitten im Weinberg, fast ganz mit Kastanien bewachsen. Eine bis ca. 1955 gepflegte Tradition, dort ein Frühlingssingen abzuhalten, soll auf Emil Nackes Initiative zurückgehen... (Quelle: Dietrich Lohse "Über den Bergaltar gestolpert" in "Vorschau und Rückblick", Heft 4, April 2003)
Die 1908 eingeweihte Gottesacker-Kapelle Naundorf/Zitzschewig, (heute Johanneskapelle), verdankt Nacke die im östlichen Teil des Kirchenschiffes gelegenen farbigen Bleiglasfenster. Die Dankbarkeit für Nackes Unterstützung beim Bau von Kapelle und Friedhof endete leider 1999. Die Grabstelle seiner Familie, u. a. für seine 1937 verstorbene Schwester Clara verw. Toller, wurde aufgelöst. Dabei entfernte man ebenfalls den Grabstein, der neben "Familie Toller" auch die Inschrift "Emil Nacke" als Erinnerung trug.
Verfallendes Andenken: Eingangstür von Nackes Wohnhaus in Johannisbergstraße im Jahr 2001
Die Spuren im Gedächtnis von Naundorfern, die um 1930 Kinder waren, sind zum Glück erhalten geblieben. Auch im hohen Alter fuhr Nacke noch täglich im offenen Automobil vom "Johannisberg" hinunter zum Dorfteich und weiter in seine Fabrik nach Kötitz. In seinen letzten Lebensjahren ließ er sich chauffieren. Sein Fahrer war Herr Mühlstädt aus Zitzschewig. Nicht nur durch sein Automobil, auch durch seine ganze Erscheinung erregte Nacke Aufsehen bei den Kindern. Besonders seine Heimfahrt durch das Dorf wollte kein Kind verpassen. Es war bekannt, dass Nacke vor dem Bäcker und dem Krämerladen halten ließ, um anschließend die von ihm gekauften Kuchenränder an die versammelten Kinder zu verschenken. Die Bonbons und Stundennutscher aus dem Krämerladen verteilte er dann auf seiner Weiterfahrt aus dem fahrenden Auto an die längs der Dorfstraße schon ungeduldig wartenden Kinder. Auf diese Weise ist die Erinnerung an den legendären Automobilhersteller Nacke, Emil, bei vielen Naundorfern der älteren Generation erhalten geblieben.
Wir danken Frau Isolde Klemmt, Radebeul-Naundorf, für wertvolle Hinweise und Überlassung ihrer heimatgeschichtlichen Forschung zu Nacke.
Petra Hamann, Stadtarchiv
- Teil 1: Spurensuche in Kötitz
- Teil 3: Spurensuche in Abessinien
- Teil 4: Spurensuche in Constappel und anderswo